Wer sind die Kichwa- und Shuar-Völker?
Im Amazonastiefland Ecuadors leben verschiedene indigene Völker. Auf Grund der gleichen Umweltbedingungen und somit den gleichen Lebensgrundlagen, ähneln sie sich in vielen Aspekten. Die Kichwas und Shuars sind nur zwei der vielen anderen indigenen Völker Ecuadors.
Allein im ecuadorianischen Amazonasgebiet gibt es offiziell mehr als 12 und in ganz Ecuador 18 verschiedene indigene Völker. Diese Unterschiede werden von Außenstehenden kaum wahrgenommen, da sie oft unter dem Begriff „indigen“ allgemein als eine große zusammengehörige Gruppe bezeichnet werden. Dadurch verschleiert der Begriff die Diversität der Völker mit ihren unterschiedlichen Traditionen, Glauben und Sprachen.
Zudem erfahren sie unter dem Begriff alltäglich Diskriminierungen von Seiten der Gesellschaft. Auch werden sie als jemand bezeichnet, als den sie sich selbst nicht wahrnehmen. Aus der Kichwa-Sprache, welche auf Kichwa „Runa Shimi“, d.h. „Sprache der Menschen“ bedeutet, geht beispielsweise hervor, dass die Menschen dieser Völker sich lediglich als Menschen definieren, nicht aber als „Kichwa“ oder „indigen“.
Mit der Zeit mussten sie sich überlegen, welche Bezeichnung für sie von Außenstehenden akzeptierbar sei. Sie beschlossen sich für die Worte „Indigene“ oder „Indigene Völker“, nicht jedoch „Indianer oder Indios“, welche besonders in Hinblick auf die Geschichte, aber auch die Gegenwart, abwertend sind.

Die Bedeutung der indigenen Völker in Ecuador wird vor allem durch ihr Konzept Sumac Kawsay deutlich, welches auf ihrer Weltanschauung basiert und seit 2008 in der Verfassung Ecuadors verankert ist.
Sumac Kawsay basiert auf einem guten Zusammenleben ohne dabei die Mitmenschen und die natürlichen Lebensgrundlagen zu gefährden oder auszubeuten. Dies ist für eine nachhaltige und faire Zukunft und Änderung der Gesellschaft von besonderer Wichtigkeit ist.
Zurzeit lebt die Mehrheit der indigenen Völker Ecuadors in Gemeinschaften, wobei einige von ihnen in politischen Verbünden oder Zusammenschlüssen organisiert sind. Auf regionale Ebene sind einige der Indigene Völker des Amazonasgebiets Teil der CONFENIAE, der Konföderation der Nationalitäten und Völker aus dem Amazonasgebiet Ecuadors.
Dabei hat jedes indigene Volk seine eigene Sprache, eigene Traditionen, Feste und Kleidung, sowie eigene Territorien. Um sich zu ernähren, kultivieren die meisten indigenen Völker des Amazonasgebiets im Einklang mit der Natur eine Vielzahl von verschiedenen Pflanzen in ihren Anbausystemen, den „Chakras“, bzw.
Waldgärten. Maniok ist ihr Hauptnahrungsmittel, aus dem sie auch ein bierähnliches Getränk brauen, die „Chicha“. Außerdem kultivieren sie z.B. auch Bananen und Mais und vor allem in ländlicheren Gegenden fischen sie noch oder gehen auf die Jagd.
Typische Pflanzen aus den Chakras, die sie größtenteils verkaufen, um neben der Subsistenzwirtschaft auch ein geringes Einkommen zu erwirtschaften, sind Kaffee und Kakao, sowie seit kurzem Guayusa, deren Blätter zuvor nur für den persönlichen Bedarf geerntet wurden. Ein weiteres Produkt, das erst seit kurzer Zeit zur Vermarktung angebaut wird, ist die Vanille, die jedoch noch nicht in allen „Chakras“ angebaut wird.
Als weitere wirtschaftliche Nutzung der Erzeugnisse aus den Chakras stellen sie selbst Holzlöffel, Fächer aus Federn, Ketten und Körbe u.a. her. Heutzutage zählen nur noch wenige Menschen indigener Völker aus dem Amazonas zu Nomaden. Die meisten haben Zugang zu Bildung und dem Gesundheitssystem, d.h. sie gehen beispielsweise in Krankenhäuser, obwohl sie immer noch über viele Heilpflanzen und alternative Medizin verfügen.




Die Kichwa-Völker
Die Kichwa-Völker leben vorwiegend im Norden entlang der ecuadorianischen Gebirgskette und im ecuadorianischen Amazonasgebiet, beispielsweise in der Provinz Napo (Napumarka), dem Hauptvorkommen der Guayusa-Pflanze und dem Ursprung der Vanille und des Kakaos für die Schokoladen „Kallari“ und „Sacha“.
Die Nationalität „Kichwa“ unterscheidet sich zwischen den Kichwas aus dem Gebirge und den Kichwas aus dem Amazonasgebiet. Die gemeinsame Sprache der Kichwa-Völker ist „Kichwa“, jedoch verwenden Kichwas im Amazonasgebiet eine Varietät oder eine Art Dialekt der Sprache Kichwa, die von vorhergehenden Ethnien und Sprachen stammt, d.h. sie benutzen teilweise andere Wörter, als Kichwas aus dem Gebirge. Die Sprache der Kichwas, welche sie in ihrer Sprache „Runa Shimi“ nennen, heißt übersetzt so viel wie „Sprache der Menschen“.
Sie selbst bezeichnen sich auch als „runa“, d.h. nichts weiter als „Menschen“. Innerhalb der Kichwa-Völker des Amazonasgebiets unterscheiden sie sich in Menschen oder Personen aus verschiedenen Regionen, z.B. „Napo-Runa“, d.h. Person aus der Region Napo, „Pastaza-Runa“, „Tena-Runa“, uvm. Trotz des langjährigen Einflusses der Ölkonzerne und des Kontakts mit Siedlern und Missionaren verschiedener Kirchen und Sekten, weshalb die Mehrheit der Kichwas heutzutage Katholiken oder Protestanten sind, haben die Kichwas wesentliche kulturelle Bestandteile ihrer Lebens- und Wirtschaftsweise erhalten. Ihr Glaube ist eng mit den Pflanzen, Tieren und Geistern des Waldes verbunden. Beispielsweise glauben sie noch daran, anderen Personen bestimmte Kräfte geben zu können (Samay), was seinen Ursprung im Schamanismus hat, der immer noch eine große Bedeutung für sie spielt.
Ein weiteres Beispiel einer Tradition, an die viele Personen des Amazonasgebiets glauben, ist das Trinken des Guayusa Tees bevor sie in den Wald gehen, um sich vor Schlangenbissen zu schützen, und dass die tägliche Einnahme von Guayusa eine verjüngende und den Körper stärkende Wirkung hat.

Die Shuar-Völker
Die Shuar-Völker leben vorwiegend im südlichen Ecuador und Peru. In ihrer Sprache „Shuar-Chicham“ bedeutet das Wort „Shuar“ „Mensch“. Sie bezeichnen sich also, wie die Kichwa-Völker, ebenfalls als Menschen oder Personen. Von Außenstehenden werden die Shuars oft auch abfällig „Jivaros“ genannt, womit ihr Selbstverständnis massiv diskriminiert wird.
Innerhalb der Nationalität „Shuar“ gibt es zahlreiche Bevölkerungsgruppen, wie beispielsweise die Warints und Yawi. Sie haben ihre eigenen Tänze, Lieder und Musikinstrumente, sowie Feste und Trachten. Der zwischenmenschliche Umgang und gegenseitige Respekt, auch zur Natur, ist ihnen sehr wichtig. Ihre Traditionen, Bräuche und Glauben sind seit der Kolonialisierung vom Christentum beeinflusst. Jedoch drangen die Kolonisatoren erst um einige Jahre später in ihre Territorien vor, im Vergleich zu den Kichwas im Norden Ecuadors, da die Völker der Shuar sich erfolgreich gegen die Kolonisatoren und Missionare durchsetzten.
So sind die Shuars weltweit nicht nur wegen ihrer Kriegskultur, sondern ihres bis in die 1950er und 60er Jahre andauernden Kults des „Tzantza“, auf Deutsch „Schrumpfkopf“ bekannt. Bei diesem Ritual wurde der Kopf des enthaupteten Feindes durch die Krieger verkleinert und mumifiziert, wodurch sie den Geist des Feindes dominierten. Heutzutage wird dieses Ritual nicht mehr durchgeführt, jedoch leben die Shuar-Völker, wie einige Kichwas, noch immer den Schamanismus. Das bedeutet, dass sie beispielsweise an die unsichtbaren Pfeile einiger Schamanen glauben. Stirbt ein Mitglied einer Gemeinschaft aus unergründeter Ursache, glauben die anderen Mitglieder daran, dass ein verfeindeter Schaman unsichtbare Pfeile gesendet hat, welche den Tod verursachten. Somit kommt es oft zu Konflikten und Rache innerhalb der Shuars.
Außerdem glauben sie noch immer an verschiedene Götter oder übernatürliche Kräfte, wie die Göttin der „Chakras“, „Nunkui“, oder „Arutam“, den Gott der Götter, und „Etza“, den Gott der Sonne und Schöpfer aller Tiere. Dieser begleitet und unterstützt die Shuars auch auf ihrer Jagd. Diese Funktion hält auch der Guayusa Tee inne, den sie bevor sie auf Jagd gehen, und um aufzuwachen, zu sich nehmen. Der Gott „Etza“ und der Guayusa Tee haben demnach eine Aufgabe gemein für die Shuars. So bekam die Marke des göttlichen Guayusa Tees von Kallari Futuro den Namen „Etza“. Ein weiterer Bestandteil ihrer Kultur ist die Polygamie. Das bedeutet, dass ein Mann mehrere Frauen, beispielsweise zwei oder drei, haben kann, sofern er für sie aufkommen und sie glücklich machen kann.
Zukunft der Selbstbestimmung der indigenen Völker
Trotz zahlreicher Traditionen, die immer noch fortbestehen, und der Tatsache, dass einige Indigene Völker von dem leben was die Natur ihnen gibt, heißt dies nicht, dass sie alle solch ein Leben führen. Viele sind in urbane Regionen gezogen, da es dort bessere Arbeitsmöglichkeiten gibt, um u.a. ihre Kinder auf die Schulen schicken zu können. Außerdem wurden viele Traditionen und somit ein Teil ihrer Kultur durch die Kolonialisierung ausgerottet.
Die bestehenden Traditionen drohen ebenfalls durch die Anpassung an das kapitalistische Wirtschaftssystem und die intensive Landwirtschaft und der damit verbundenen Diskriminierung ihrer naturverträglichen Wirtschaftsweise zu verschwinden.

Dagegen versuchen immer mehr indigene Völker und Gruppen alternative Wege zum kapitalistischen System zu gehen. Traditionell arbeiten die Menschen häufig in „Mingas“ gemeinschaftlich um große Projekte oder großen Arbeitsumfang zu meistern. Dieses solidarische Selbstverständnis ermöglicht ihnen heute durch die Bildung von Organisationen und Kooperativen, nicht nur jeder für sich zu schlechten Preisen Rohstoffe an die Händler zu verkaufen, sondern gemeinsam den Mehrwert durch die Herstellung von fertigen Produkten zu gewinnen.
So können sie einerseits gemäß dem kapitalistischen System Gewinn und Einkommen erwirtschaften um ihre Lebensgrundlage, Bildung und Gesundheitsversorgung zu sichern, andererseits jedoch trotzdem ihre eigene Lebensweise und Kultur im Einklang mit der Natur beibehalten. Ein gutes Beispiel für diese zukunftweisende Lebens- und Wirtschaftsweise ist die Kooperative Kallari, die ihre Produkte wie Schokolade, Guayusa-Tee und Vanille in Ecuador in Eigenverantwortung herstellen und über Kallari-Futuro zum Kunden nach Europa bringen.


